Analyse der SVR-Kurzstudie: Fakten zur Einwanderung 2024 – Was die Zahlen für Demografie, Arbeitsmarkt und Politik bedeuten
Kernergebnisse
Umfang und Struktur
29,7 % der Bevölkerung haben Migrationshintergrund (2023), rund 24,9 Mio. Menschen; etwa die Hälfte davon mit deutscher Staatsangehörigkeit.
Jünger als der Schnitt: Ø-Alter mit Migrationshintergrund 35,5 Jahre vs. 47,2 Jahre ohne.
Große regionale Unterschiede: Höchste Anteile in Stadtstaaten (Bremen ~44%), ostdeutsche Flächenländer ohne Berlin ~11,3%.
Demografie kippt
Geburtenrate beträgt 2023 auf 1,35 Kinder je Frau (niedrigster Wert seit 2005).
Prognose bis 2050: Senior:innen-Anteil ~27 %, Haupterwerbsalter (25–64) ~49 % – mehr als die Hälfte der Bevölkerung wird dann voraussichtlich keine Sozialbeiträge leisten. Zuwanderung kann dämpfen, aber nicht allein kompensieren.
Zuwanderung und Motive
2023: 1,9 Mio. Zuzüge, 1,3 Mio. Fortzüge → Nettozuwanderung ~663.000 (deutsch unter 2022, aber historisch hoch).
Herkunft 2023 (Netto): Ukraine (+121k), Syrien (+101k), Türkei (+87k), Afghanistan (+48k), Indien (+37k). EU-Gewinn in Rumänien/Polen (mehr als 17.000).
Gründe (Drittstaaten, 2023): 1) Asyl (329k Erstanträge, Schutzquote 52%), 2) Familiennachzug (~103k), 3) Erwerbstätigkeit (~70k), 4) Ausbildung (~59k).
Bestand befristeter Arbeitsaufenthalte Ende 2023: ~419k (deutsch gestiegen).
Qualifikationsprofil
Neu Zugewanderte (25–64) 2018: 34 % akademisch (vs. 23 % bei Deutschen ohne Migrationshintergrund), aber seltener mit abgeschlossener Berufsausbildung (22 % vs. 67 %).
Ukrainische Geflüchtete sehr hoch qualifiziert: 72% mit tertiärem Abschluss (bes. Hochschulabschlüsse) – Unterschiede in Systemen beachten.
Arbeitsmarktintegration
Erwerbstätigenquote 2023 (25–64): ohne Migrationshintergrund ~85,5%; Männer 1. Gen. ~82,0%; Frauen 1. Gen. ~63,4 % (Rückgang ggü. 2019); Frauen 2. Gen. ~79,2% (deutlich verbessert).
Flüchtlinge: Erwerbstätigkeit steigt mit Aufenthaltsdauer – nach 5 Jahren ~47 % (Männer ~60 %, Frauen ~16 %).
Einordnung und Implikationen
Demografie und Fachkräfte: Schrumpfendes Erwerbspersonenpotenzial macht gesteuerte Zuwanderung und höhere Erwerbsbeteiligung (insb. von Frauen 1. Gen.) zu Schlüsseln für Wachstum und Sozialsysteme.
Qualifikations-Mismatch: Hoher Anteil akademischer Abschlüsse bei Neuzuwanderung vs. Engpässen im dualen Ausbildungssegment erfordert erleichterte Anerkennung, Brückenqualifizierungen und Sektorwechselpfade.
Migrationskanäle diversifizieren: Stärkerer Asylanteil und hoher Familiennachzug erfordern schnelle Pfade in Sprache, Qualifizierung und Arbeit – sonst bleibt Potenzial ungenutzt.
Regionalpolitik: Unterschiedliche Anteile und Altersstrukturen zwischen Bundesländern sprechen für differenzierte Strategien (Wohnraum, Kitas/Schulen, Arbeitsmarktprogramme, Anerkennungskapazitäten).
Quelle: SVR – Kurz & bündig: Fakten zur Einwanderung in Deutschland (05.12.2024, aktualisierte Fassung)