Jenseits des Schlachtfelds: Was treibt die steigenden Militärausgaben in Zeiten relativen Friedens?
In einer Welt, die von Konflikten und Unsicherheit geprägt ist, erscheint es naheliegend, dass Länder in ihre Verteidigung investieren. Doch was, wenn Staaten ihre Militärausgaben erhöhen oder auf hohem Niveau halten, obwohl sie selbst nicht von Bürgerkriegen oder direkten militärischen Bedrohungen betroffen sind? Ein Blick auf Industrieländer, Golfstaaten und China zeigt, dass hinter diesen Investitionen komplexe strategische Überlegungen stecken.
Industrieländer (USA, Großbritannien, Frankreich, Japan, Australien):
Viele Industrieländer haben in den letzten Jahrzehnten ihre Militärausgaben erhöht oder auf hohem Niveau gehalten, ohne dass sie selbst von Bürgerkriegen oder direkter militärischer Bedrohung betroffen waren. Oftmals werden diese Ausgaben mit der Notwendigkeit begründet, die eigene Sicherheit zu gewährleisten, Bündnisverpflichtungen einzuhalten oder in internationale Friedensmissionen einzugreifen. Hinzu kommt die technologische Aufrüstung, die erhebliche Investitionen in neue Waffensysteme und Cyber-Verteidigung erfordert.
Militärausgaben:
Alle diese Länder zeigen im Zeitraum 1989–2024 entweder einen konstant hohen oder steigenden Anteil der Militärausgaben am BIP. Besonders die USA und Großbritannien investieren kontinuierlich auf sehr hohem Niveau.
Konfliktintensität laut UCDP:
In den UCDP-Daten tauchen diese Länder fast nie als Konfliktort mit precision_level ≥ 1 auf. Die wenigen Ausnahmen (zB USA: 2001, 2020) sind marginal und betreffen keine großflächigen Bürgerkriege oder Kriege auf eigenem Boden.Fazit:
Die Militärausgaben steigen oder bleiben hoch, obwohl keine akuten inneren oder äußeren Bedrohungen im Sinne von Bürgerkrieg oder Invasion bestehen.
Golfstaaten (Saudi-Arabien, Katar, VAE):
Die Golfstaaten investieren massiv ins Militär, obwohl sie selten direkte Konflikte auf eigenen Böden haben. Hier spielen Abschreckung und regionale Machtdemonstration eine entscheidende Rolle. Diese Staaten nutzen ihre Militärausgaben, um ihre regionale Vormachtstellung zu festigen, ihre Interessen zu schützen und potenzielle Bedrohungen abzuwehren. Auch die Abhängigkeit von ausländischen Waffenlieferanten und der Wunsch nach technologischer Unabhängigkeit tragen zu den hohen Ausgaben bei.
Beispiel-Länder: Saudi-Arabien, Katar, Vereinigte Arabische Emirate (VAE)
Militärausgaben:
Diese Staaten gehören zu den Ländern mit den höchsten Militärausgaben pro BIP weltweit. Besonders Saudi-Arabien und Katar zeigen einen starken Anstieg seit den 2000er Jahren.Konfliktintensität laut UCDP:
In den UCDP-Daten gibt es für diese Länder kaum oder keine Einträge mit inventory_level ≥ 1 auf eigenes Staatsgebiet. Die wenigen Konflikte (zB Saudi-Arabien im Jemen-Krieg) finden meist außerhalb des eigenen Landes statt.Fazit:
Die Aufrüstung dient vor allem der Abschreckung, regionalen Machtdemonstration und dem Schutz vor potenziellen Bedrohungen, nicht als direkte Reaktion auf akute Konflikte im eigenen Land.
China:
China hat seine Militärausgaben seit den 1990er Jahren stark gesteigert, ohne dass es im eigenen Land zu Bürgerkriegen oder Kriegen kam. Geopolitische Ambitionen und die Modernisierung der Volksbefreiungsarmee sind hier die treibenden Kräfte. China verfolgt das Ziel, eine globale Supermacht zu werden und seine Interessen in der Region und weltweit zu verteidigen. Die Modernisierung des Militärs ist ein Schlüsselelement dieser Strategie.
Militärausgaben:
China hat seine Militärausgaben seit den 1990ern massiv gesteigert – absolut auch relativ zum BIP.Konfliktintensität laut UCDP:
In den UCDP-Daten gibt es für China keine Einträge mit inventory_level ≥ 1 für Bürgerkriege oder Kriege auf eigenem Boden im Zeitraum 1989–2024.Fazit:
Der Anstieg der Militärausgaben ist nicht durch akute innere Konflikte getrieben, sondern durch geopolitische Ambitionen, Modernisierung und das Streben nach Großmachtstatus.
Die steigenden Militärausgaben in Ländern, die nicht direkt von Krieg betroffen sind, zeigen, dass Sicherheitspolitik mehr ist als nur die Abwehr von Angriffen. Es geht um Abschreckung, regionale Machtprojektion, die Wahrung von Interessen und die Anpassung an eine sich verändernde Weltordnung. Die Frage ist, ob diese Strategien tatsächlich zu mehr Sicherheit führen oder ob sie ein Wettrüsten befördern und die Spannungen weiter erhöhen.
Quellen:
https://ucdp.uu.se/encyclopedia
https://www.sipri.org/databases/milex