Feindbilder im Wandel: Wie „die Anderen“ gemacht werden – Beispiele aus der Geschichte..
Im 21. Jahrhundert prägen Feindbilder das Verhältnis zwischen dem Westen, dem Nahen Osten und Russland. Diese Bilder sind das Ergebnis historischer Erfahrungen, politischer Interessen und medialer Inszenierungen. Sie beeinflussen nicht nur die Außenpolitik, sondern auch gesellschaftliche Einstellungen und das Zusammenleben in multikulturellen Gesellschaften.
Ob im Mittelalter, in der Zeit der Kreuzzüge oder in aktuellen politischen Debatten: Feindbilder begleiten die Menschheit seit Jahrhunderten. Doch wie entstehen sie eigentlich? Und warum sind sie so wirkmächtig? Drei historische und aktuelle Beispiele zeigen, wie flexibel und folgereich die Konstruktion von Feindbildern ist.
1. Christen vs. Heiden im mittelalterlichen Baltikum.
Im 12. und 13. Jahrhundert zogen deutsche Ritterorden ins Baltikum, um die dortigen „Heiden“ zu bekehren – so zumindest die offizielle Lesart. In Wirklichkeit geht es auch um Macht, Land und Einfluss. Die Chroniken jener Zeit, wie die berühmte „Livländische Reimchronik“, zeichnen ein klares Bild: Die Heiden waren listig, gefährlich und Feinde des „wahren Glaubens“. Die Gewalt gegen sie wurde als göttlicher Auftrag verklärt.
Zitat aus der Livländischen Reimchronik:
„Die Heiden sind voller List und Trug, sie hassen das Licht und lieben die Nacht. Drum sandte Gott uns mit stärkerer Macht, um ihnen das wahre Heil zu bringen.“
Das Feindbild diente der Legitimation von Eroberung und Gewalt – und begründete Identität für die christlichen Siedler.
2. Die Kreuzzüge im Nahen Osten
Mit dem Aufruf zum Ersten Kreuzzug 1095 wurde das Bild des „ungläubigen Muslimen“ zum zentralen Feindbild der Christenheit. Die Predigten, Chroniken und Lieder zeichnen Muslime als Feinde Gottes, die das Heilige Land entweihten. Wer gegen sie kämpfte, so die Botschaft, diente dem Herrn und erlangte das ewige Leben.
Zitat aus einer Kreuzzugschronik:
„Die Sarazenen sind Feinde Gottes, die das Heilige Land entweihen. Wer sie bekämpft, dient dem Herrn und erlangte das ewige Leben.“
Auch hier wurde das Feindbild genutzt, um Gewalt zu rechtfertigen, Ressourcen zu mobilisieren und die eigene Gruppe zu einem.
Was lernen wir daraus?
Feindbilder sind keine Naturgesetze. Sie werden konstruiert, angepasst und instrumentalisiert – je nach politischer Lage und gesellschaftlichem Bedarf. Sie vereinfachen komplexe Realitäten, stiften Identität und rechtfertigen Handlungen, die sonst schwer zu legitimieren wären. Doch sie bergen auch Gefahren: Sie erschweren den Dialog, fördern Vorurteile und können zu Gewalt und Ausgrenzung führen.
Deshalb gilt:
Kritische Medienkompetenz, historisches Bewusstsein und der Mut zum Perspektivwechsel sind die besten Mittel gegen die Macht der Feindbilder.